Naturheilkunde
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Nature-based Therapies
Gesundheitswissen von A – Z

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Wer sich im Wald und in der freien Natur aufhält, nimmt die Umgebung mit allen Sinnen wahr. Die visuelle Wahrnehmung immer wieder neuer Perspektiven und Lichtverhältnisse, Geräusche wie Tierstimmen, Vogelzwitschern und das Rauschen der Blätter, die Gerüche des Waldes, aber auch das Ertasten des Waldbodens oder der Geschmack von Beeren, die im Wald gesammelt werden – ein Waldspaziergang oder ein Aufenthalt in der Natur spricht alle Ebenen der Sinneswahrnehmung an und wirkt sich nachweislich positiv auf Körper und Seele aus.

Die gesundheitlichen Wirkungen sind so nachhaltig, dass über reine Erholungs- und Wellnesseffekte hinaus auch gezielte therapeutische Interventionen möglich sind: Im englischsprachigen Raum wird in diesem Zusammenhang von „Nature-based Therapies“ gesprochen. Unter diesem Begriff werden spezifische, indikationsbezogene Heilanwendungen unter therapeutischer Anleitung zusammengefasst, die zur Prävention und Gesundheitsförderung und sogar zur Therapie und Rehabilitation genutzt werden können.

Nature-based Therapies beinhalten Aufenthalte oder Aktivitäten in Naturräumen wie Wäldern, Parks und Gärten oder auch die naturnahe Umgestaltung von Wohn- und Sozialräumen, insbesondere auch in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Im wissenschaftlichen Zusammenhang haben sich die Begriffe Green Spaces für grünflächenbetonte Naturräume und Blue Spaces für Seen, Flüsse und Meereslandschaften etabliert.

In Japan, Südkorea und China haben solche naturgestützten Therapien eine lange Tradition. So dienten die sorgfältig angelegten japanischen Gärten und die Bonsai-Kultur traditionell dazu, sich in Naturbetrachtungen zu versenken. Unter der Bezeichnung Shinrin-Yoku wird das Waldbaden in Japan von vielen Menschen im Alltag praktiziert und bereits seit Anfang der Achtzigerjahre wissenschaftlich erforscht. Japanische Forschungsergebnisse waren es schließlich auch, die dazu führten, dass Heilwälder (Natural Recreation Forests) ausgewiesen wurden, die speziell auf therapeutische Interventionen ausgerichtet sind. Der erste europäische Wald dieser Form entstand 2016 auf Usedom im Seebad Heringsdorf.

Mehrere Studien der letzten Jahre zeigen, dass schon nach einem kurzen Aufenthalt im Wald die Herzfrequenz und der Blutdruck sinken, dass Stressparameter wie Cortisolwerte abnehmen und dass stressbedingte Erkrankungen, Depressionen und Angststörungen durch naturgestützte therapeutische Interventionen gelindert werden können. Darüber hinaus wirkt die terpenhaltige Luft in Nadelwäldern stabilisierend auf das Immunsystem. Die Effekte eines Aufenthalts im Wald sind so nachhaltig, dass sie noch Tage später nachweisbar sind.

Die systematische Erforschung der positiven Aspekte des Waldbadens im mitteleuropäischen Raum steckt noch in den Kinderschuhen. Um beurteilen zu können, wie sich zum einen der europäische Mischwald und zum anderen urbane Grünflächen für Heilanwendungen nutzen lassen, sind noch weitere Studien erforderlich.

Derzeit werden die „Effekte der klinischen Waldtherapie auf physische und psychische Parameter in der Allgemeinbevölkerung“ in einer randomisiert kontrollierten Studie am Berliner Immanuel-Krankenhaus erforscht. Das Forschungsprojekt wird von der Carstens-Stiftung gefördert und in diesem Artikel ausführlich vorgestellt.

Für die Mitgliederzeitschrift von Natur und Medizin hat außerdem Dr. Anna Paul einen Artikel zum Thema Naturraum Wald beigesteuert, der hier nachzulesen ist:

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