„Es ist ratsam, sich frühzeitig mit der Nachlassplanung zu beschäftigen“
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Erbschaft Testament Naturheilkunde
Was ist eine Vorsorgevollmacht? Warum sollte ich unbedingt ein Testament verfassen? Viele Menschen stellen sich irgendwann diese Fragen. Natur und Medizin hat bei Benjamin Weber nachgefragt. Herr Weber ist Rechtsanwalt, Partner der Deutsche Stiftungsanwälte GmbH und Referent der Veranstaltungsreihe „Vorsorgevollmacht und Testament“ von Natur und Medizin.
Natur und Medizin:
Herr Weber, warum ist es wichtig, sich mit den Themen Vorsorgevollmacht und Testament schon möglichst früh auseinanderzusetzen?
Benjamin Weber:
Durch einen unvorhergesehenen Unglücksfall können Menschen von heute auf morgen zumindest vorübergehend ihre Handlungsfähigkeit verlieren. Wenigen ist bewusst, dass sie in diesen Situationen niemand vorübergehend vertreten kann, wenn es darum geht, Rechtsgeschäfte vorzunehmen. Stellen Sie sich vor, jemand gerät durch einen Unglücksfall in Not und benötigt kurzfristig Liquidität, um beispielswiese plötzlich entstandene Arzt- oder Krankenhauskosten zu bezahlen. Die Liquidität möchte er durch eine Umschichtung seines Aktiendepots erreichen. Existiert in solchen Fällen keine Vollmacht, können selbst nahe Angehörige wie die Ehefrau oder die Kinder des Betroffenen die gewünschten Rechtsgeschäfte nicht im Namen des Verunglückten vornehmen. Eine Vorsorgevollmacht ermöglicht dem Betroffenen auch im Fall einer vorübergehenden Handlungsunfähigkeit weiterhin notwendige Rechtsgeschäfte durch einen Vertreter/in im Namen und im Auftrag des Betroffenen vornehmen zu lassen.
Führt der Unglücksfall zum Tod des Betroffenen und hat er seinen Nachlass nicht in einer letztwilligen Verfügung von Todes wegen geregelt, greift die gesetzliche Erbfolge. Diese führt häufig zu nicht gewollten Ergebnissen, da sie zum einen nach Familienstämmen unter Einbeziehung etwaiger Ehepartner den Nachlass aufteilt, ohne hierbei die Möglichkeit zu eröffnen, bspw. einen guten Freund mit einem bestimmten Gegenstand aus dem Nachlass zu bedenken. Zum anderen führt die gesetzliche Erbfolge bei einer Mehrzahl von Erben zur Begründung einer sog. Erbengemeinschaft. Dies führt im Grundsatz dazu, dass über einzelne Gegenstände aus dem Nachlass nur nach Zustimmung aller Mitglieder aus der Erbengemeinschaft verfügt werden kann. Dies kann die Auseinandersetzung von Nachlässen sehr erschweren. Durch eine Verfügung von Todes wegen, in der der Erblasser klare Anweisungen erteilt, wie der Nachlass nach seinem Ableben nach seinen Vorstellungen aufgeteilt werden soll, können die dargestellten Probleme ausgeschlossen werden.
Welchen Vorteil hat es, eine gemeinnützige Organisation wie Natur und Medizin oder die Carstens-Stiftung im Testament zu bedenken?
Vermögensübergänge von Todes wegen unterliegen in Deutschland der Erbschaftsteuer, d. h. der Erbe muss grundsätzlich auf eine solche Vermögensübertragung Erbschaftsteuer bezahlen, die im Höchstfall bis zu 30 % des Wertes der übertragenen Vermögensübertragung betragen kann. Für nahe Angehörige hat der Gesetzgeber eine Reihe von Ausnahmen vorgesehen. Zum einen werden einzelne Vermögensgegenstände wie beispielweise das eigene Familienheim von der Erbschaftsteuer ausgenommen. Zum anderen bestehen gegenüber Ehegatten und Kindern Freibeträge, innerhalb derer die Übertragung von Vermögen erbschaftsteuerfrei erfolgen kann.
Insbesondere für Erblasser, welche über keine nahen Angehörigen verfügen, bietet die Einsetzung einer Körperschaft die Möglichkeit der Allgemeinheit etwas zurückzugeben.
Für den Fall, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft wie die Carstens-Stiftung oder Natur und Medizin e.V. bedacht wird, sind diese Vermögensübergänge von Todes wegen vom Gesetzgeber generell erbschaftsteuerfrei gestellt, solange die übertragenen Vermögensgegenstände anschließend für steuerbegünstigte Zwecke – hier Wissenschaft und Forschung – eingesetzt werden. Insbesondere für Erblasser, welche über keine nahen Angehörigen verfügen, bietet die Einsetzung einer steuerbegünstigten Körperschaft die Möglichkeit erbschaftssteuerfrei über das eigene Ableben hinaus der Allgemeinheit etwas zurückzugeben.
Zuwendungen im Rahmen einer Verfügung von Todes wegen können auf verschiedene Art und Weise erfolgen. Beispielsweise können steuerbegünstigte Körperschaften zum Erbe eingesetzt werden. Dies hat zur Folge, dass sie in die Rechtsstellung des Erblassers treten und damit alle seine Rechtspositionen einnehmen. Soll die steuerbegünstigte Körperschaft dagegen lediglich mit einzelnen Vermögensgegenständen – bspw. einer Immobilie – bedacht werden, so wäre ein Vermächtnis das Mittel der Wahl. In diesem Fall hat die Stiftung bzw. der Verein einen Anspruch gegen die Erben auf Herausgabe des im Wege des Vermächtnisses zuerkannten Vermögensgegenstands.
Zu Lebzeiten bereits Vermögensgegenstände oder Geld auf steuerbegünstigte Körperschaften zu übertragen hat den Vorteil, dass zum einen die Wirkung der eigenen Unterstützung persönlich erlebt werden kann und zum anderen der Spender oder die Spenderin bereits zu Lebzeiten solche Zuwendungen als Sonderausgabe steuerlich mindernd absetzen kann. Im Fall der Zuwendungen an Stiftungen besteht neben der einfachen Spende zusätzlich noch die Möglichkeit einer Zustiftung in das Grundstockvermögen der auf Ewigkeit angelegten Stiftung. In diesem Fall kann neben dem einfachen Spendenabzug noch ein weiterer Betrag bis zu 1 Mio. EUR, bei zusammenveranlagten Ehegatten bis zu 2 Mio. EUR, über einen Zeitraum von 10 Jahren steuerlich geltend gemacht werden.
Grundsätzlich ist es ratsam, sich frühzeitig mit der eigenen Nachlassplanung auseinanderzusetzen. Soll hierbei eine steuerbegünstigte Körperschaft einbezogen werden, ist es ratsam, frühzeitig den eigenen steuerlichen Berater und einen auf Non-
Profit-Recht spezialisierten Rechtsanwalt/-anwältin in die Überlegungen mit einzubeziehen.