Süßstoffe in der Europäischen Union (EU)
Um in der EU zugelassen zu werden, müssen Süßstoffe (anders als Lebensmittel) ein Zulassungsverfahren durchlaufen, indem u. a. die gesundheitliche Unbedenklichkeit und die technologischen Eigenschaften untersucht werden. Im Zuge der Zulassung erfolgen Höchstmengenbeschränkungen und -vorschriften. Wie hoch die täglich akzeptable Zufuhrmenge im Sinne einer Höchstmenge ausfällt, ist für jeden Süßstoff anders und wird durch den sogenannten ADI-Wert (engl. Accepable daily intake) festgelegt. Der ADI gibt wieder, welche Süßstoffmenge pro Kilogramm Körpergewicht für Menschen nach dem aktuellen Kenntnisstand gesundheitlich unbedenklich ist.
Zudem gibt es eine Kennzeichnungspflicht. Für den Verbraucher ist es trotzdem oft nicht auf den ersten Blick ersichtlich, ob und welcher Süßstoff in einem Produkt enthalten ist: hierzu sind Kenntnisse zu Namen und Abkürzungen (E-Nummern) erforderlich.
Unter den elf zugelassenen Süßstoffen werden
- drei aus Pflanzen gewonnen: Neohesperidin DC (E 959), Stevioglycosid (E 960) und Thaumatin (E 957)
- vier sind auf Aminosäurebasis: Advantam (E 969), Aspartam (E 951), Aspartam-Acesulfam (E 962) und Neotam (E 961) und
- vier sind vollsynthetisch: Acesulfam-K (E 950), Cyclamat, (E 952) Saccharin (E 954) und Sucralose (E 955).
Regelmäßiger Süßstoffkonsum und Folgen für die Gesundheit
Im Zusammenhang mit dem Süßstoffkonsum wird positiv hervorgehoben, dass die Substanzen praktisch kalorienfrei sind und für ihre Verstoffwechselung kein Insulin benötigt wird. Insulin ist ein Hormon, das von der Bauchspeicheldrüse gebildet wird und die Aufgabe hat, bestimmte Körperzellen wie Muskelzellen mit Zucker in Form von Glucose zu versorgen. Aus diesem Grund werden Süßstoffe von Verbrauchern nicht selten mit dem Ziel der Gewichtsreduktion und der Prävention von Diabetes mellitus Typ II sowie Herz-Kreislauferkrankungen konsumiert. Hiervon rät die WHO in ihrem Positionspapier (Mai 2023) nun ab, weist aber parallel darauf hin, dass die Empfehlungen nicht für Menschen mit einer bestehenden Diabeteserkrankung gelten. Vorausgegangen ist die Auswertung von Forschungsergebnissen aus mehreren Jahrzehnten zu dieser Fragestellung.
Die WHO kommt zu dem Ergebnis, dass Süßstoffe weder einen Nutzen für die Gewichtsreduktion haben noch das Risiko für nichtübertragbare Krankheiten wie Diabetes mellitus Typ II vermindern – möglicherweise ist sogar das Gegenteil der Fall.
Neuere Studiendaten liefern laut der WHO Hinweise darauf, dass der regelmäßige Süßstoffkonsum die Blutzuckerregulation (Glukosetoleranz) stört. Dadurch könnten Süßstoffe sogar einen Risikofaktor für die Entstehung von Übergewicht und Diabetes mellitus Typ II darstellen. Über den Einfluss auf das intestinale Mikrobiom und andere Körperstrukturen bzw. die Entstehung bestimmter Erkrankungen formuliert die WHO in dem vorliegenden Positionspapier keine Einschätzung und Empfehlungen – sie dürften aber noch folgen.
Studiensituation zur krebserregenden Wirkung von Aspartam
Zum Süßstoffkonsum in Verbindung mit seinen gesundheitlichen Auswirkungen gibt es zahlreiche Studien und Daten. Sie sind teilweise sehr kontrovers. Der künstlich intensive, kalorienarme Süßstoff Aspartam steht seit Langem im Verdacht, zu den Risikofaktoren für Krebsentstehungen zu zählen. Als einer der gängigsten und beliebtesten Süßstoffe soll dieser kurz vorgestellt werden. Seine Süßkraft ist in etwa 200-mal so stark wie die des üblichen Haushaltszuckers. Zusammen mit seinen Abbauprodukten ist Aspartam schon seit 30 Jahren Gegenstand vieler Untersuchungen, Forschungen und Studien. Während z. B. eine Forschergruppe in einer erst kürzlich erschienenen, großangelegten Beobachtungsstudie mit überwiegend weiblichen Teilnehmern Aspartam als Risikofaktor für Brustkrebs einstufte, fanden andere Forschungsgruppen in Studien keine manifesten Beweise dafür. Die unübersichtliche Situation führt auch dazu, dass das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (2023) die Studienlage über die gesundheitlichen Risiken als weiterhin unzureichend einstuft.
Das sieht die WHO inzwischen anders: Seit Juli 2023 stuft sie den Süßstoff Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ ein. Nun obliegt es der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und dem BfR, auf diese Einstufung zur reagieren.
Hingegen betont das National Cancer Institute, dass Beobachtungsstudien am Menschen immer kritisch zu hinterfragen seien, da Korrelationen nicht zwangsläufig mit Kausalität gleichzusetzen seien.
Gegenwärtig sorgt die Situation für Verwirrung im Umgang mit Süßstoffen – für Verbraucher, Fachkräfte und Lebensmittelindustrie. Daher sollten die Behörden auf europäischer und nationaler Ebene möglichst schnell eine verbindliche Empfehlung zum Umgang mit Süßstoffen aussprechen und ggf. den rechtlichen Rahmen anpassen.
Die Quellen und Studien zu diesem Artikel können bei Natur und Medizin angefordert werden.