Diese erkältungsvorbeugende Maßnahme kann durch Akupressur, Akupunktur, wärmende Massagen oder Moxibustion ergänzt werden. Moxibustion, oder kurz Moxa genannt, bezeichnet das Abbrennen von Beifußkraut über bestimmten Akupunkturpunkten zur Behandlung von Kälteerkrankungen und zum Lösen von Stagnationen. Was Sie jetzt dringend vermeiden sollten, sind „ein kalter Leib“ (wie die klassische TCMLiteratur es nennt) und kalte Getränke, denn „…dann fließt das Qi nicht und die Lunge wird verletzt.“ Im Zusammenhang mit dem Element Metall, der Energie der Lunge und dem Herbst als Jahreszeit ist ein weiterer Aspekt wichtig, nämlich der des Rhythmisierens:
Einatmen, Ausatmen und – nicht zu vergessen – eine Atempause folgen dem Rhythmus der Lunge, die sich an die jeweilige körperliche Anforderung anpasst. Die flache Brustatmung, die viele Menschen jedoch haben, nutzt einen großen Teil des energetischen Potenzials der Lunge nicht. Mit gezielten Übungen, die eine tiefe Atmung fördern, wird das eingeatmete Qi unmittelbar in den Unterbauch geführt. Das „Untere Dantian“ ist ein Energiefeld, welches knapp unterhalb des Nabels liegt und wiederum mit der Wurzel unserer Energie in Verbindung steht: den Nieren, dem Organpaar, mit dem wir uns im allerersten Beitrag dieser Artikelserie befasst hatten. Abgesehen von der bloßen Aufnahme von Sauerstoff und Abgabe von Kohlendioxid bringt uns der Atem in Verbindung mit uns selbst und ist spürbarer Ausdruck unserer lebendigen Existenz.
Mithilfe der folgenden Atemübungen können Sie sich Schritt für Schritt an den eigenen Atemrhythmus herantasten.
- Atem beobachten: Spüren Sie die Luft in den Nasenflügeln, lauschen Sie dem Geräusch und genießen Sie einfach diese rein sinnliche Wahrnehmung.
- Einatmen als Kraftakt: Atmen Sie bewusst und kraftvoll erst in die oberen Lungenspitzen, dann in den Brustkorb, dann in den Bauch. Spüren Sie die Unterschiede.
- Ausatmen als Akt des Loslassens: Atmen Sie bewusst und kraftvoll alles aus, was Sie nicht mehr brauchen: Verbrauchte Luft, Gefühle, Gedanken und Erinnerungen, die gehen dürfen. Lassen Sie dann frische Luft ganz natürlich in sich einströmen.
- Atempause als Phase der Stille: Halten Sie nach dem Einatmen (oder auch nach dem Ausatmen) für wenige Sekunden inne. Dies ist die eigentliche Kraftquelle des Atmens, in der Sie sich als Teil des universalen Ganzen erfahren lernen.
Wiederholen Sie jede der Übungen drei- bis fünfmal. Führen Sie die Atemmeditationen anfangs nur für kurze Zeit aus, 5 bis 10 Minuten reichen. Kehren Sie zu Ihrem normalen (unbewussten) Atemrhythmus zurück, wenn Sie Unwohlsein, Schwindel oder Ähnliches feststellen. Suchen Sie bei anhaltenden Beschwerden ärztlichen Rat.
So, wie die vier Jahreszeiten ineinander übergehen, befindet sich unser Leben im ständigen rhythmischen Wandel. Das, was sich im Großen, im Außen, abspielt, hat immer auch Einfluss auf uns und unseren Energiehaushalt, selbst auf jede einzelne unserer Körperzellen.
Mit dem Herbst und dem entsprechenden Element „Metall“ schließt sich der Kreis der Beitragsserie „Gesund durchs Jahr mit Yang Sheng“.
Wir erinnern uns noch einmal, was uns die chinesische Lehre der Selbstfürsorge nahebringen möchte: Die Kunst der gesunden, harmonischen Lebensführung ist es, achtsam gegenüber der Natur, den Mitmenschen und sich selbst die aktuelle Zeitqualität genau zu erfassen und darauf mit passender Intensität und geeigneten Mitteln zu reagieren. Denn die Antworten auf die gesundheitlichen Herausforderungen unserer Zeit finden sich immer weniger in einer reduktiven, das heißt alles in seine Einzelteile zerlegenden Medizin. Vielmehr ist ein Ansatz gefragt, der den Menschen als Ganzes betrachtet und als integralen Teil der Natur anerkennt.
Hinweis: Der Artikel "Der Herbst – Zeit für das Wesentliche" von Anne Baumgart ist ursprünglich in unserer Mitgliederzeitschrift (05/2024) erschienen.