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Fiebersenkung in Zeiten von Lieferengpässen – gibt es Alternativen zu Ibuprofen und Paracetamol
Fragen an den Kinderarzt

Fiebersenkung in Zeiten von Lieferengpässen – gibt es Alternativen zu Ibuprofen und Paracetamol?

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Naturheilkunde Kinderheilkunde Homöopathie

Seit vielen Monaten ist regelmäßig zu lesen, dass bestimmte Medikamente nicht oder nur eingeschränkt lieferbar seien. Besonders häufig genannt werden die so genannten "Fiebersäfte" für Kinder: Damit sind in der Regel die Wirkstoffe Paracetamol und Ibuprofen gemeint, die in Säften, aber auch Zäpfchen und Tabletten enthalten sind und sowohl fiebersenkend als auch schmerzlindernd wirken. Gerade während der heftigen Welle an Atemwegsinfektionen, die seit Oktober 2022 in Form zahlreicher, verschiedener Viren durch Kitas, Kindergärten und Schulen rollt, werden diese Präparate stärker nachgefragt.

Aber auch in vielen anderen Bereichen gibt es Schwierigkeiten. Ein weiterer Wirkstoff ist beispielsweise Tamoxifen, der in der Behandlung von Brustkrebs eine wichtige Rolle spielt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn, kurz BfArM, bietet auf seiner Homepage regelmäßig aktualisierte Listen der Lieferengpässe von Humanarzneimitteln: Derzeit werden über 300 Arzneimittel aufgeführt [01]. Darunter finden sich zahlreiche Antibiotika, Schmerzmittel, Herzmedikamente, Kortisonpräparate, außerdem Narkosemittel, Arzneimittel gegen epileptische Anfälle und viele andere. Die Liste wäre eigentlich noch viel länger, denn diese Meldungen sind freiwillig und betreffen nur rezeptpflichtige Medikamente.

Die weltweite Herstellung beispielsweise von Antibiotika konzentriert sich auf wenige Fabriken in Indien und China

Die Gründe für Lieferengpässe sind vielfältig. Sie beginnen bei der Herstellung: Bestimmte Rohstoffe oder Ausgangsprodukte können knapp werden, Lieferketten sind gestört, Fabriken leiden unter Produktionsausfällen oder haben Qualitätsprobleme. Zudem wurde die weltweite Herstellung beispielsweise von Antibiotika auf wenige Fabriken in Indien und China konzentriert. Neben den Lieferengpässen gibt es aber auch Versorgungsengpässe, wenn die Verteilung nicht über alle Regionen gleichermaßen erfolgen kann, da beispielsweise viele Apotheken verstärkt für den Winter eingekauft haben und dadurch nicht mehr alle Darreichungsformen im Einkauf über den Großhandel verfügbar sind. Das BfArM spricht hier von einer „Verteilproblematik".

Bei den fiebersenkenden Medikamenten ist aber vor allem die Nachfrage gestiegen. In einer aktuellen Statistik lässt sich gut erkennen, wie beispielsweise der Verkauf von Ibuprofen-Zäpfchen schon seit Anfang 2021 kontinuierlich zunimmt (dasselbe gilt für die Säfte) [02]:

Einkauf und Absatz von Ibuprofen

Es können auch individuelle Rezepturen in Apotheken hergestellt werden

Hinsichtlich der „Fiebersäfte" weist das BfArM darauf hin, dass in Abstimmung zwischen Krankenkassen, Apotheker- und Ärzteverbänden als Kompensationsmaßnahme auch individuelle Rezepturen in Apotheken hergestellt werden können, die allerdings ärztlich verschrieben werden müssen.

Schließlich wäre noch zu überlegen, ob nicht auf andere, fiebersenkende Substanzen ausgewichen werden könnte. Die Alternativen sind allerdings begrenzt: Acetylsalicylsäure (Aspirin®) sollte bei Kindern unter 12 Jahren nicht verwendet werden, und Metamizol (Novalgin®) ist in Deutschland verschreibungspflichtig und wird aufgrund des Nebenwirkungsprofils nur in speziellen Situationen bei Kindern eingesetzt.

Fieberzäpfchen oder Wadenwickel?

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Viele praktische Selbsthilfetipps und Entscheidungshilfen

Christian Lucae

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Fieber ist ein häufiger Vorstellungsgrund in der kinderärztlichen Praxis

Oft ist Fieber das erste Symptom einer Infektion des Kindes, das von den Eltern bemerkt wird. Die Vorstellung, dass vom Fieber selbst eine große Gefahr ausgehe, ist dabei sehr verbreitet. Meist werden dann quasi reflexartig fiebersenkende Medikamente – üblicherweise Paracetamol und Ibuprofen – verabreicht, bevor überhaupt ärztlicher Rat eingeholt wird. Die häufigsten Fragen in der Praxis sind dann: Ab welcher Temperatur „genau“ muss man das Fieber senken, ab wann wird es „richtig gefährlich“, wie hoch darf das Fieber denn „noch“ steigen? usw. [03]

Man sollte Fieber immer in Bezug auf das Allgemeinbefinden beurteilen: Die Zahl auf dem Fieberthermometer allein sagt noch nichts, denn solange es dem Kind den Umständen entsprechend gut geht, kann Fieber durchaus akzeptiert werden. Bei sehr hohem Fieber und einem schlappen, apathischen Kind, das noch dazu über Schmerzen klagt, kann ein fiebersenkendes Medikament aber sinnvoll sein.

Dr. med. Christian Lucae

Die entscheidende Frage: Was steckt hinter dem Fieber?

Aus medizinischer Sicht entscheidender ist aber die Frage: Was steckt hinter dem Fieber? Handelt es sich um eine Virusinfektion, die nach wenigen Tagen von selbst vergeht? Verbirgt sich eine schwerwiegendere Infektion oder gar eine ganz andere Erkrankung dahinter? Grundsätzlich sollten Kinder in folgenden Fällen immer ärztlich untersucht werden:

  • Säuglinge (d.h. Kinder im ersten Lebensjahr) mit Fieber möglichst am selben Tag
  • Kinder mit deutlich eingeschränktem Allgemeinbefinden, mit Bewusstseinsstörungen und mit starken Kopfschmerzen
  • Kinder, bei denen die Ursache des Fiebers (Ärzte sprechen vom „Fokus“) nicht klar wird oder bei denen das Fieber länger als 2–3 Tage anhält.

Kein routinemäßiges Fiebersenken

Das routinemäßige Fiebersenken hingegen bringt überhaupt nichts und verkürzt auch nicht die Erkrankungsdauer. Im Gegenteil: Es gibt Hinweise, dass eine Fiebersenkung negative Effekte auf die Verbreitung von Infektionen haben könnte. Außerdem scheinen die genannten Wirkstoffe – Paracetamol und Ibuprofen – über die gut bekannten Nebenwirkungen (auf Leber und Nieren) auch langfristige, negative Effekte zu haben, die noch wenig bekannt sind. Eine französische Arbeitsgruppe hat beispielsweise herausgefunden, dass eine Anwendung in der Schwangerschaft die Fruchtbarkeit der Kinder im späteren Leben negativ beeinflusst. Die Substanzen greifen somit in das Hormonsystem ein. [04]

Achtung! Fiebersenken nur…

Achtung: Fiebersenken nur…

… wenn unbedingt notwendig!
Die aktuellen, medizinischen Empfehlungen zur Anwendung von Paracetamol und Ibuprofen bei Kindern lassen sich wie folgt zusammenfassen [05]:

  • bei sehr starker Beeinträchtigung,
  • bei sehr hohem Fieber (≥ 40 °C),
  • wenn das Kind nur noch sehr wenig Flüssigkeit zu sich nimmt,
  • in speziellen Situationen im Krankenhaus (z.B. Schock, Erkrankungen mit erhöhtem Energieumsatz, zum Beispiel chronische Herz- und Lungenerkrankung, akuter Schlaganfall oder Bronchiolitis).

Allgemeine und naturheilkundliche Maßnahmen

Bei den üblichen viralen Infekten, die zuhause auskuriert werden können, genügt in der Regel eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, das Vermeiden eines Hitzestaus durch zu dicke Kleidung und körperliche Schonung. Gegebenenfalls können Wadenwickel angewendet werden [06]:

Anwendung Wadenwickel

Die Anwendung von Wadenwickeln

Zwei dünne Tücher (beispielsweise Baumwollwindeln oder Geschirrhandtücher) falten, in zimmerwarmem Wasser tränken, gut auswringen, um beide Waden schlagen und mit dickerem Tuch (Frotteehandtuch) umwickeln. Die Wickel wechseln, sobald das Innentuch erwärmt ist (maximal 20–30 Minuten). Die Wickel können nach Bedarf mehrmals täglich angewendet werden.

Wadenwickel sollten nur angewendet werden, wenn die Waden auch wirklich warm sind und die kühlen Wickel die Hitze herausziehen können. Viele Kinder haben bei Fieber eher kühle Füße und Hände – in diesem Fall sind Wadenwickel nicht sinnvoll und belasten den Kreislauf zusätzlich. Bei Säuglingen und sehr kleinen Kindern, die sich noch nicht richtig äußern können, sollte von Wadenwickeln abgesehen werden.

Können homöopathische Arzneien Fieber senken?

Diese Frage ist nicht so einfach mit ja oder nein zu beantworten. Da homöopathische Arzneien verdünnt, verschüttelt und üblicherweise in Potenzen wie D12, D30, C30 u.a. angewendet werden, gibt es keine unmittelbare chemische Wirkung, die in das Regelsystem des Körpers eingreift und bestimmte Enzyme hemmt, wie das beispielsweise bei Ibuprofen der Fall ist (Hemmung der Cyclooxygenase).

Ein auf die Fiebersymptome des Patienten genau abgestimmtes, homöopathisches Mittel kann allerdings einen spezifischen Reiz erzeugen, der dem Körper hilft, besser mit dem Fieber fertig zu werden. Wenn man beispielsweise Kindern, die plötzlich hoch auffiebern, einen roten Kopf und rote Backen, dabei aber kühle Hände und Füße haben, überempfindlich auf äußere Reize reagieren (Geräusche, Licht, Berührung) und dabei unruhig und erregbar sind, eine Dosis Belladonna (C30, 1x3 Globuli) gibt, werden sie sich beruhigen, mehr Durst entwickeln und schließlich in einen heilenden Schlaf verfallen. Im Zuge dessen wird auch die Temperatur sinken.

Homöopathische Sandkastenfibel

Homöopathische Sandkastenfibel

Homöopathische Selbsthilfe und Begleitung bei typischen Beschwerden und Krankheiten im Säuglings- und Kleinkinderalter

Stefanie Clemen · Christian Lucae · Michael Teut

ISBN: 978-3-96562-025-4
Erscheinungsjahr: 2020, 2. Aufl.

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Wenn man merkt, dass gerade eine Erkältung im Anzug ist…

Ein weiteres, sehr hilfreiches „Fiebermittel" in der Homöopathie ist Aconitum napellus, der Sturmhut (vgl. KoKo 128): Wenn man merkt, dass gerade eine Erkältung im Anzug ist – Frösteln, kalte Füße, Unwohlsein, Schwindelgefühl – kann eine Dosis D12 oder D30 (1x3 Globuli) meist Schlimmeres verhindern, den Verlauf der Erkrankung abkürzen oder sogar gänzlich verhindern. Auch bei Fieber kann diese Arznei – vor allem zu Beginn – sehr hilfreich sein, wenn es sich um eine trockene, brennende Hitze handelt.

Interessanterweise wurde in einem Tierversuch mit 24 Kaninchen gezeigt, dass Aconitum tatsächlich auch Fieber senken kann: Dazu wurde den Kaninchen Backhefe unter die Haut gespritzt, damit sie Fieber entwickelten. Anschließend wurde entweder Paracetamol, Aconitum C200 oder C1000 verabreicht. Tatsächlich fand sich ein signifikanter Temperaturabfall nach Gabe der Hochpotenzen, wenn auch nicht so stark wie nach Paracetamol [07].

Literatur

[01] BfArM - Lieferengpässe. Link (abgerufen am 15.12.2022)

[02] Artikel auf der Webseite des BfArM. Link (abgerufen am 15.12.2022)

[03] Lucae C: Zum Umgang mit Fieber in der homöopathischen Kinderarztpraxis. Erfahrungsheilkunde 2019; 68 (6): 321-328

[04] Kristensen DM, Mazaud-Guittot S, Gaudriault P, Lesné L, Serrano T, Main KM, Jégou B: Analgesic use — prevalence, biomonitoring and endocrine and reproductive effects. Nature Reviews Endocrinology 2016; 12: 381–393

[05] Niehues T: Das fiebernde Kind. Diagnostisches Vorgehen und Behandlung. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(45): 764–774

[06] Lucae C: Fieberzäpfchen oder Wadenwickel? 100 Fragen an den homöopathischen Kinderarzt. Essen: KVC Verlag – Natur und Medizin e.V. 2016

[07] Ahmad S, Rehman T, Mumtaz Abbasi W: Effects of homoeopathic ultrahigh dilutions of Aconitum napellus on Baker's yeast-induced fever in rabbits. Journal of Integrative Medicine 2017; 15 (3): 209-213

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Dr. med. Christian Lucae
Dr. med. Christian Lucae

Christian Lucae ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Homöopathie und Naturheilverfahren mit Praxis in München. Er ist Mitautor der homöopathischen Sandkasten- und Schülerfibel sowie Autor des Ratgebers Fieberzäpfchen oder Wadenwickel? (erschienen im KVC Verlag) und beratender Arzt von Natur und Medizin e.V.