Neue STIKO-Empfehlung zur COVID-19-Impfung bei Kindern von 5 bis 11 Jahren
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Update vom 24.05.2022
Gesundheitstipps Kinderheilkunde Immunsystem
[Update vom 24.05.2022] Welche Empfehlungen gibt die STIKO? Wie lassen sich Nutzen und Risiko der Impfung für Kinder abwägen? Welche Rolle spielt Omicron in den Überlegungen? Eine Stellungnahme von Kinderarzt Dr. Christian Lucae.
Am 17.12.2021 hat die Ständige Impfkommision beim Robert-Koch-Institut (STIKO) ihre Empfehlung für die COVID-19-Impfung bei Kindern von 5 bis 11 Jahren veröffentlicht. Die Europäische Arzneimittelsagentur (EMA) hatte den mRNA-Impfstoff Comirnaty® (Hersteller: BionNTech/Pfizer) bereits am 25.11.2021 mit einer reduzierten Impfstoffdosis (10µg) für diese Altersgruppe freigegeben. Während die EMA lediglich die Marktzulassung erteilt, gibt die STIKO konkrete Empfehlungen und führt eine Nutzen-Risiko-Abwägung durch: Wer sollte geimpft werden? Warum sollte geimpft werden? Wann sollte geimpft werden? Was ist das Impfziel? Aktuell wird die Lage noch zusätzlich verkompliziert aufgrund der offenen Fragen rund um "Omicron": Wie wird sich diese Virusvariante in den nächsten Wochen und Monaten auf die Gesundheit der Kinder in Deutschland auswirken? Wird der aktuell für Kinder zur Verfügung stehende Impfstoff überhaupt noch ausreichend wirksam sein?
Die STIKO empfiehlt nun konkret:
"Kindern im Alter von 5-11 Jahren mit Vorerkrankungen aufgrund des erhöhten Risikos für einen schweren Verlauf der COVID-19- Erkrankung eine Grundimmunisierung mit 2 Impfstoffdosen", außerdem
Kindern, "in deren Umfeld sich Angehörige oder andere Kontaktpersonen mit hohem Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf befinden, die selbst nicht geimpft werden können oder bei denen der begründete Verdacht besteht, dass die Impfung nicht zu einem ausreichenden Schutz führt (z. B. Menschen unter immunsuppressiver Therapie)."
Bei "individuellem Wunsch".
Im Nachsatz steht fettgedruckt: "Die STIKO spricht sich erneut und nachdrücklich dagegen aus, dass der Zugang von Kindern und Jugendlichen zur Teilhabe an Bildung, Kultur und anderen Aktivitäten des sozialen Lebens vom Vorliegen einer Impfung abhängig gemacht wird."
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Erscheinungsjahr: 2016
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Ein Addendum von 32 Druckseiten (Wissenschaftliche Begründung) ergänzt diese Empfehlung und erläutert sehr detailliert das Krankheitsbild, die Übertragbarkeit des Virus, die Häufigkeit der Erkrankung, die psychosozialen Folgen, schließlich alle vorhandenen Daten zur Impfung selbst samt der zu erwartenden Nebenwirkungen.
Dabei ist wichtig: Welche Vorerkrankungen sind unter Punkt 1 überhaupt gemeint? Hierzu hat die STIKO eine Risikoanalyse der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) und weitere Daten herangezogen. Unter anderem werden folgende Diagnosen genannt: Trisomie 21, angeborene Immundefekte, angeborene zyanotische Herzfehler, schwere, chronische Lungenerkrankungen, Adipositas, schlecht eingestellter Diabetes mellitus und weitere, seltene Erkrankungen (eine vollständige Liste aller Vorerkrankungen findet sich auf S. 41 der Wissenschaftlichen Begründung und als Tabelle auf S. 7 der Empfehlung). Zum PIMS-TS (Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome Temporally associated with SARS-CoV-2) schreibt die STIKO: "Es ist derzeit nicht bekannt, ob PIMS-TS durch die COVID-19-Impfung verhindert werden kann."
Zu den bisher in Deutschland im Krankenhaus wegen COVID-19 behandelten Kindern werden folgende Zahlen aus dem COVID-19-Survey der DGPI genannt: Von 2.114 Kindern befanden sich 15% in der Altersgruppe der 5-11jährigen; 99 Kinder (ca. 5%) wurden intensivmedizinisch betreut.
Zur Zulassungsstudie des Impfstoffherstellers wird angemerkt, dass 2.285 ProbandInnen (1.528 davon in der Impfstoffgruppe, der Rest erhielt Placebo) aufgenommen wurden. Diese Zahl reiche nicht, um "seltene Nebenwirkungen (<1 in 100 bis 200) sicher ausschließen zu können". Zudem sei "die angestrebte Nachbeobachtungszeit von 2 Monaten noch nicht für alle ProbandInnen erreicht" und "Teile des Studienpersonals nicht verblindet" gewesen. Zu einer Aussage über das mögliche Auftreten von Myokarditis und Perikarditis nach der Impfung sei die Datenlage "bisher nicht ausreichend". In der Zulassungsstudie seien allerdings keine Myo-/Perikarditiden beobachtet worden.
Zum Punkt 3 der Empfehlung – auf "individuellen Wunsch" – ist zu sagen, dass dies im Grunde für alle zugelassenen Impfstoffe gilt, ob sie nun als Standardimpfungen im Impfkalender genannt sind oder nicht. Mit dieser Formulierung wollte man offenbar der Politik entgegenkommen.