Naturheilkunde
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Dr. Michael Elies
Interview

Gelassenheit, Gelassenheit, Gelassenheit!

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Veröffentlicht am
Mentale Gesundheit Immunsystem Achtsamkeit Stress Angst

Gelassenheit oder Gemütsruhe ist die Fähigkeit, vor allem in schwierigen Situationen die Fassung oder eine unvoreingenommene Haltung zu bewahren.
Zu Zeiten der Krise sprechen wir mit Dr. med. Michael K. Elies. Elies ist Facharzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren, Akupunktur und Homöopathie. Er ist Autor zahlreicher Fachbücher und Mitglied im Vorstand von Natur und Medizin e.V.

Redaktion NATUR UND MEDIZIN:
Herr Dr. Elies, die Corona-Krise. Die meisten von uns werden eine Zeit wie diese wohl noch nicht erlebt haben …

Dr. med. Michael K. Elies:
Ja, das stimmt. Symbolisch steht da für mich eine Begegnung im Supermarkt, selbstverständlich vor dem Regal mit dem Toilettenpapier, selbstverständlich gab es keines mehr. Ich beobachtete eine Frau, wie sie verängstigt auf das leere Regal blickte, wie sie dann daneben die Küchenrollen entdeckte, wie es in ihr arbeitete und sie schließlich zu den Küchenrollen griff. Ich werde diesen Blick so schnell nicht vergessen.

Redaktion NATUR UND MEDIZIN:
Kaum einer wird sich davon freisprechen können, dass ihn das alles nichts angehe. Wie können wir dieser etwas diffusen Angst begegnen?

Dr. med. Michael K. Elies:
Ich denke, es ist wichtig, uns vor Augen zu rufen: Es wird vorbeigehen. Wir brauchen jetzt vor allem Gelassenheit. Wir alle wissen: Angst erzeugt Krankheit.

Redaktion NATUR UND MEDIZIN:
Gelassenheit in einer Krise, die immer größere Fahrt aufnimmt, was meinen Sie da genau?

Dr. med. Michael K. Elies:
Die Wikipedia-Definition bringt es schön auf den Punkt:

Gelassenheit, Gleichmut, innere Ruhe oder Gemütsruhe ist eine innere Einstellung, die Fähigkeit, vor allem in schwierigen Situationen die Fassung oder eine unvoreingenommene Haltung zu bewahren. Sie ist das Gegenteil von Unruhe, Aufgeregtheit, Nervosität und Stress.

 

Im mitthochdeutschen Wort-Ursprung steckt interessanterweise auch die Bedeutung „Gottergebenheit“. Diese hat im übrigen nichts mit Fatalismus oder Gleichgültigkeit zu tun, sondern meint das sich vertrauensvoll in einen höheren Willen einbringen. Frau Dr. Carstens war die spirituelle Dimension für ein erfülltes Lebens immer sehr wichtig. Sie würde auch die Erkenntnisse des von der Carstens-Stiftung geförderten Projekts zur Bedeutung des Rosenkranzgebets für die Gesundheit an dieser Stelle sehr befriedigt zur Kenntnis genommen haben. Aber da will ich hier noch nichts verraten. Die Veröffentlichung der Ergebnisse wird gerade vorbereitet. Wussten Sie übrigens, dass es sogar die zehn Gebote der Gelassenheit gibt?

Redaktion NATUR UND MEDIZIN:
Sie sind bekannt dafür, bei der Behandlung von chronischen Schmerzen auch auf Autosuggestion zu setzen. Funktioniert diese auch bei Ängsten?

Dr. med. Michael K. Elies:
Selbstverständlich. Die Autosuggestion besteht vor allem aus drei Sätzen. Ich kann sie leichterhand anwenden auf die Angst:

Angst, ich danke dir, dass Du mir sagt, wie ungewöhnlich es gerade zugeht.
Angst, ich habe alles unter Kontrolle (essen, trinken und sogar Toilettenpapier), Du darfst verschwinden.
Angst, du darfst wiederkommen, wenn sich an der jetzigen Situation etwas ändert.

Mit dieser Art Dreiklang gebe ich der Angst einen Sinn, zeige Wertschätzung und Veränderungswillen. Die Methode funktioniert übrigens auch sehr gut, wenn ich mir beispielsweise angewöhnen möchte, mit den Händen zukünftig weniger ins Gesicht zu fassen. Hier gibt es auf der Webseite „unserer“ ehemaligen Stiftungsprofessorin, Frau Professorin Claudia Witt, eine schöne Autosuggestion.

Redaktion NATUR UND MEDIZIN:
Man hat den Eindruck, dass zu Zeiten der Krise viele Dinge gut funktionieren. Auch die Zeichen der Solidarität sind nicht zu übersehen. Was aber läuft Ihres Erachtens weniger gut?

Dr. med. Michael K. Elies:
Ich weiß, es gibt größere Missstände, aber was mir wirklich bitter aufstößt ist, wie man selbst zu Krisenzeiten nicht aufhört, viele Methoden der Integrativen Medizin zu diskreditieren. Selbst wenn einige Verfahren tatsächlich nicht mehr als ein Superplacebo sein sollten, sie können auch als solche den inneren Arzt in uns aktivieren. Aus ärztlich-therapeutischer Sicht darf ich sie, wenn ich sonst nicht viel Anderes im therapeutischen Angebot habe, nicht a priori verteufeln und die Patienten somit der (vielleicht letzten) Hoffnung berauben. Denn Hoffnungslosigkeit und Zweifel verstärken nur die Krankheitsanfälligkeit. Ich halte dies zutiefst für unethisch, auch und vor allem dann, wenn solche Kritik instrumentalisiert wird, um ein bestimmtes Weltbild der Öffentlichkeit aufzuzwingen. Dies ist gut zu erkennen an der Art und Weise, wie man zurzeit Cornelia Bajic, Fachärztin für Allgemeinmedizin und ehemalige 1. Vorsitzende im Bundesvorstand des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte e.V., einer wirklich für ihre Patienten engagierten Ärztin, übel mitspielt.

Redaktion NATUR UND MEDIZIN:
Herr Dr. Elies, Sie sagten, es sei wichtig, sich die Befristung der Krise zu verdeutlichen. Was wünschen Sie sich für die Zeit nach Corona, einerseits von den Patienten, andererseits von den Akteuren und Entscheidungsträgern im Gesundheitssektor?

Dr. med. Michael K. Elies:
Von den Patienten wünsche ich mir Gelassenheit und Mündigkeit, also eigentlich das berühmte Sapere aude Immanuel Kants, der es wohl seinerseits von Horaz hatte. Schon Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, hat es seinem Hauptwerk, dem Organon der Heilkunst (!), vorangestellt:

Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!

 

Gelassenheit wünsche ich auch den Entscheidungsträgern, da vor allem eine unvoreingenommene Haltung und weniger Wagenburgmentalität.
Abschließend kann ich uns allen nur empfehlen, auch und gerade jetzt ein wenig Humor an den Tag zu legen, viel zu lachen und nicht zu hart mit sich ins Gericht zu gehen. Humor, so sagt ja der Volksmund, ist, wenn man trotzdem lacht, und sei es über einen Witz, den ich im Internet auf der Seite schlechte Witze zum Thema Corona fand:

„Hinweis aus der Psychiatrie an alle Quarantäne-Patienten: Es ist vollkommen normal, dass sie anfangen mit ihren Blumen zu sprechen. Bitte kontaktieren Sie uns nur, wenn die Blumen antworten!“

Und da ja in jedem Witz Weisheit steckt, denken Sie ruhig einmal darüber nach, in einer dieser stillen Stunden…

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