Neuraltherapie: Eine moderne Regulationstherapie
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Naturheilkunde Integrative Medizin Schmerz
Die Neuraltherapie ist eine moderne Regulationstherapie, mit der Schmerzen wirksam gelindert und die Selbstheilungskräfte aktiviert werden können.
Zusammenfassung
Die Neuraltherapie ist ein Verfahren aus der Komplementärmedizin, bei dem Schmerzpunkte durch gezielte Injektionen mit einem örtlich wirkenden Betäubungsmittel behandelt werden.
Die für die Neuraltherapie am häufigsten verwendeten Lokalanästhetika sind die Wirkstoffe Procain und Lidocain.
Wenn nach einer Injektion des Lokalanästhetikums Beschwerden an anderer Stelle des Körpers in Sekundenschnelle verschwinden, spricht man vom „Sekundenphänomen“ oder dem „Huneke-Phänomen“.
Unerwarteter Erfolg durch Kunstfehler
Dieses Naturheilverfahren wäre wahrscheinlich nicht entwickelt worden, wenn alle Menschen immer fehlerfrei arbeiten würden: Im Jahre 1925 spritzte der Arzt Ferdinand Huneke seiner an Migräne leidenden Schwester ein Medikament, das nicht in die Blutbahn gelangen sollte, versehentlich in die Armvene. Er beging somit einen Kunstfehler. Statt unerwünschter Nebenwirkungen trat jedoch ein überraschender Erfolg ein – die Migräne war augenblicklich verschwunden.
Huneke vermutete, dass die unerwartete Wirkung auf das örtliche Betäubungsmittel Procain zurückzuführen sei, welches dem gespritzten Medikament beigemischt war. Mit seinem Bruder Walter erforschte er in den folgenden Jahren die Anwendung dieses Stoffes in der Praxis.
Das Ergebnis ihrer Arbeit lautete schließlich, dass durch ein örtliches Betäubungsmittel auch eine bis dahin unbekannte Fernwirkung erreicht werden kann, welche über das Nervensystem vermittelt wird.
Das Huneke-Phänomen
Eine weitere Entdeckung gelang Ferdinand Huneke, als er 1940 eine Patientin mit einer gereizten Narbe am Unterschenkel behandelte.
Er umspritzte diese Stelle mit Procain, und wieder zeigte sich eine überraschende Fernreaktion. Die Patientin litt nämlich auch unter starken Schulterschmerzen, die jedoch nach den Injektionen in das Bein in Sekundenschnelle verschwanden. Bei einem so raschen Erfolg spricht man heute vom „Sekundenphänomen“ oder dem „Huneke-Phänomen“.
Störfelder verursachen Krankheiten
Ferdinand Huneke versuchte nun intensiv, die Zusammenhänge solcher Fernwirkungen zu erkennen und entwickelte folgende Theorie: Von jeder Stelle des Körpers können Störfelder ausgehen, die den gesamten Organismus irritieren oder Krankheiten an ganz anderer Stelle auslösen und aufrechterhalten können.
Orte, die solche Störfelder hervorbringen, werden als „Herde“ bezeichnet. Besonders oft handelt es sich dabei um Entzündungen im Bereich der Zähne, der Nebenhöhlen, der Mandeln oder im Bauchraum. Sehr häufig werden aber auch Narben, welche nach einer Verletzung oder einer Operation zurückgeblieben sind, als Ausgangspunkt einer Störung angesehen.
Um einen solchen „Herd“ auszuschalten und damit die Ursache einer Erkrankung zu beseitigen, werden die Bereiche mit dem Betäubungsmittel um- und unterspritzt. Schon seit 1906 hatten verschiedene Ärzte Heilerfolge durch die Anwendung von Procain beschrieben. Dieses Phänomen wurde zunächst als „therapeutische Lokalanästhesie“ bezeichnet. Manche Therapeuten benutzen jedoch auch andere Mittel, z.B. aus der Homöopathie, oder eine Kochsalzlösung.
Anwendungsgebiete der Neuraltherapie
Die Gebrüder Huneke entwickelten aus der therapeutischen Lokalanästhesie eine eigenständige Behandlungsmethode, die heutige Neuraltherapie. Ein Hauptanwendungsgebiet dieses Verfahrens ist die Behandlung akuter und chronischer Schmerzen.
Darüber hinaus werden aber auch akute Entzündungen, Störungen der Schilddrüsenfunktion, Schwächezustände, Psoriasis und viele andere chronische Leiden therapiert, besonders wenn der Verdacht besteht, dass ein Störfeld Ausgangspunkt der Beschwerden ist.
Hingegen sind schwere Infektionskrankheiten, z.B. Tuberkulose, sowie akute psychische Erkrankungen und Defekte im Erbgut nicht zur Behandlung geeignet. Bei Krebsleiden kann die Methode zwar nicht zur Heilung, wohl aber zur Schmerzlinderung beitragen.
Allgemein sollten zuvor jedoch durch konventionelle diagnostische Verfahren schwerwiegende Erkrankungen ausgeschlossen werden, so dass andere notwendige medizinische Maßnahmen nicht versäumt werden.
Schmerzen
Maßnahmen zur Selbsthilfe bei Schmerzen von Kopf bis Fuß
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Michael Elies · Annette Kerckhoff
ISBN: 978-3-96562-002-5
Erscheinungsjahr: 2019
6,90 EUR
Zum Shop »Schritt für Schritt: Die Neuraltherapie in der Praxis
Die Neuraltherapie wird in einigen Kliniken, in Arztpraxen und von Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern angeboten.
Zunächst erfolgt eine ausführliche Befragung und Untersuchung der Patientinnen und Patienten. Dabei richten die Behandelnden ihre Aufmerksamkeit besonders auf Verletzungen und andere Beschwerden, die den jetzigen Symptomen vorausgingen und somit Ursache für ein Störfeld sein könnten. Wichtig sind hier auch Operationen, Knochenbrüche und Zahnbehandlungen.
Darüber hinaus ist von Interesse, ob bestimmte Stellen des Körpers vermehrt oder vermindert durchblutet werden, und ob örtlich verstärkte Schweiße auftreten.
Zur Beseitigung der Beschwerden wird in der Regel stufenweise vorgegangen. Zunächst behandelt man durch Lokaltherapie am Ort zum Beispiel der Schmerzen. Da, wo es weh tut, wird der Wirkstoff appliziert. Wichtig sind hier vor allem verhärtete Stellen und Akupunkturpunkte in der betroffenen Region.
Eine weitere Möglichkeit der Behandlung bietet die Segmenttherapie: Insbesondere, wenn ein Organ nicht direkt erreicht werden kann, spritzt man in bestimmte Zonen (Segmente) der Haut, welche über Nervenbahnen mit dem inneren Organ in Verbindung stehen.
Wurde nun durch dieses Vorgehen kein ausreichender Erfolg erzielt, so wird in einem weiteren Schritt nach Störfeldern gesucht, um diese in der beschriebenen Weise auszuschalten.
Darüber hinaus gibt es weitere Techniken, die häufig angewendet werden. So wird das Betäubungsmittel z.B. auch direkt an Gelenke, an Nervenbahnen tief im Körperinneren, in die Blutbahn oder in die Schilddrüse gespritzt.
Diese verschiedenen Vorgehensweisen erfordern unterschiedliche Einstichtiefen. Beim sogenannten „Quaddeln“ wird die Nadel nur ein wenig in die Haut geschoben, bei anderen Techniken dagegen werden bis zu 12 Zentimeter lange Nadeln verwendet.